Neues aus der Hölderlin-Gesellschaft

D.E. Sattler am 1.12.2023 in Treia beigesetzt
Im Zweifel gilt Sinn
Am 19. November 2023 ist der Herausgeber der Frankfurter Hölderlin-Ausgabe, Dietrich Eberhard Sattler im Alter von 84 Jahren verstorben. An seinem Wohnort in Treia fand am Freitag, 1. Dezember 2023 die Traufereier statt. Die Hölderlingesellschaft hat ihm viel zu verdanken. In seiner Funktion als Vizepräsident unserer Gesellschaft nahm Klaus-Peter Waldenberger an der Trauerfeier und der anschließenden Beisetzung von D.E. Sattler teil und legte einen Kranz am Grab des Verstorbenen nieder.
Unser Beiratsmitglied Roland Reuß hat für die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Nachruf verfasst, der in der gebotenen Klarheit auf das Leben und die Wirkung D.E. Sattlers eingeht:
Hölderlins wichtigster Herausgeber
Ansprache Pastor Thomas Petersen, Kirchengemeinde Treia
Tübinger Turmvorträge
Beeindruckender Neustart mit Rüdiger Görner - "Hölderlins Klagen um Tempora"

Drum, da gehäuft sind rings
Die Gipfel der Zeit, ...
Mit zwei Verszeilen aus der Patmos-Hymne startete Rüdiger Görner den ersten Turmvortrag seit immerhin 12 Jahren in Räumlichkeiten, so berichtete er zuvor anekdotisch, die beinahe einmal sein Arbeitsplatz geworden wären. Im März 1981 hatte ihm, dem Student bei Jochen Schmidt, der damalige Präsident der Hölderlin-Gesellschaft, Uvo Hölscher, den (Halbtags-) Job eines kuratierenden Turmwächters als "Zubrot" angeboten. Er war versucht, dieses Angebot anzunehmen, dann führte ihn der Weg aber im September 1981 nach London und in diesen Tagen endete der Lebensabschnitt in Großbritannien nach über 4 Jahrzehnten mit der Rückkehr nach Deutschland. "Dem Turm konnte nichts besseres geschehen, als dass ihm der Türmer Rüdiger Görner erspart geblieben ist", so meinte er augenzwinkernd, der Job ging an Barbara Wiedemann-Wolf.
Und dieser erste Vortrag im "neuen" Turm war dann gleich eine Belastungsprobe. 50 Zuhörer auf knappem Raum, 20 Mithörende und Mitsehende im Livestream,
https://www.youtube.com/watch?v=D5Z--HRbQMA
der komplikationslos startete, dann aber jäh mit der Arbeitsverweigerung des Turm-WLAN nach 43 Minuten abbrach. Die eifrigen IT-Administratoren hatten den Breitband-Anschluss dankenswerterweise ertüchtigt, leider aber mit einem zeitlichen Nutzungslimit versehen - ein bisschen wie bei einer kostenlosen Zoom-Konferenz, nur dass er nicht neu gestartet werden konnte. Ärgerlich, aber künftig vermeidbar - so steht leider nur die erste Hälfte des Vortrags zur Nachbetrachtung zur Verfügung. Allerdings wird der vollständige Text als Turmvortrags-Heft erscheinen. Die Initiatoren Elena Polledri, Jörg Robert und Marlene Meuer bereiten diese Veröffentlichung im Verlag Königshausen & Neumann vor.
So darf man sich heute schon auf den zweiten Turmvortrag im neuen Kleid freuen - am Donnerstag, 25. April 2024, 19.00 Uhr mit Dieter Burdorf.
Ein herzliches Dankeschön der Geschäftsstelle an alle Mitwirkenden, im Besonderen den Akteuren im Turm unter der Leitung von Florian Mittelhammer.

Tübinger Turmvorträge mit Rüdiger Görner - "Hölderlins Klagen um Tempora"
Zeit-Kritik eines Dichters.
Dienstag, 14. November 2023, 19.00 Uhr Hölderlinturm
livestream:
https://www.youtube.com/watch?v=D5Z--HRbQMA
Die Tübinger Turmvorträge haben eine große Tradition und brachten es zwischen 1985 und 2011 auf 7 umfangreiche Bände, herausgegeben von der Hölderlingesellschaft im Selbstverlag. Die Wiedereröffnung des Turms mit völlig neu konzipierter Dauerausstellung im Jubiläumsjahr 2020 ist der geeignete Anlass, um an diese große, zwischenzeitlich ruhende Tradition anzuknüpfen. Vorgenommen haben sich dies Prof. Dr. Elena Polledri, Udine, Prof. Dr. Jörg Robert, Tübingen sowie Dr. Marlene Meuer, Lüneburg - vorgesehen sind jährlich zwei Turmvorträge mit anschließender Buchpublikation sowie Live-Schaltungen, um allen Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen.
Den Anfang macht Prof. Dr. Rüdiger Görner, geboren 1957 in Rotweil. Er ist Professor für Neuere Deutsche und vergleichende Literatur an der Queen Mary University of London und Gründer des Ingeborg Bachmann Centre for Austrian Literature sowie Gründungsdirektor des Centre for Anglo-German Cultural Relations. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und erhielt den Deutschen Sprachpreis der Henning Kaufmann-Stiftung sowie den Reimar Lüst-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Rüdiger Görner ist Träger des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Zuletzt von ihm erschienen: "Romantik, ein europäisches Ereignis. Stuttgart 2021" und "Hölderlin and the Consequences. An Essay on the German Poet of Poets. London 2021"
Wie Hölderlins Menon klagt, im Begriff seine Diotoma zu verlieren, so klagt als elegischer Urheber der Dichter selbst über die Zeitverhältnisse, sprich: über sein Verhältnis zu ihr und die Bedeutung der Zeit zu ihm Die Zeit als Katalysator des Wandels, die der Künstler in seinem Verwandeln simuliert, als Bringer von Verlusten und als vergänglich-dauerndes Medium, durch das sich Zeichen aus Zukunft setzen - diese temporalen Qualitäten gehören zum poetischen Material. Neben allen mittelbaren oder expliziten Reflexionen von Zeitwerten, geschichtlich-politischen eingeschlossen, blieb für Hölderlin das Versmaß der entscheidende Indikator für sein Zeitgefühl. Poetisch gesagt: Verfügte man über Hölderlins Uhr, man fände dann, sie wäre nach Metrum eingestellt. Dieser Turmvortrag widmet sich der Deutung einzelner Aspekte solcher Zeit - Kritik im Werk Hölderlins, deren Brisanz ihn zum poetisch-bleibenden Zeitzeugen und Zeitgenossen macht.
Eine Veranstaltung der Hölderlin-Gesellschaft in Kooperation mit dem Museum Hölderlinturm. Der Eintritt ist frei. Aus Platzgründen ist eine Anmeldung erforderlich: Anmeldung
Der Vortrag von Sabine Doering am 25.10.2023, "Hölderlin - Biografie seiner Jugend"

Friedrich Hölderlin wuchs in privilegierten Verhältnissen auf - wie prägten ihn die Einflüsse während der Schul- und Studienzeit, die den begabten Heranwachsenden auf das Pfarramt vorbereiten sollten, während es ihn doch zur Dichtung drängte. Sabine Doering blickt aus kultur- mentalitäts- und bildungsgeschichtlicher Perspektive auf die Jugend von Friedrich Hölderlin, bringt Dokumente und zahlreiche Briefe zum Sprechen.
Grundlage des Vortrags ist das im Jahr 2022 im Göttinger Wallstein-Verlag erschienene Buch der ausgewiesenen Hölderlin-Expertin. In der Frankfurter Rundschau rezensierte Ewart Reder am 12.7.2022: "Hier bekommt man nicht nur einen Überblick über "idealistische Bergeshöhen" und beispiellose Weiten, sondern auch über den "Innenraum der Seele.
Hommage à Härtling - der große Klang

Ausstellung zu Härtlings 90. Geburtstag am 13.11.2023
Peter Härtling war gerade 12 Jahre alt, als er im April 1946 am Nürtinger Bahnhof aus einem Viehwaggon ausstieg. Es sollte der Beginn einer lebenslangen, nicht konfliktfreien Beziehung zu der Stadt sein, in der Friedrich Hölderlins "der Mutter Haus" stand. Dem Dichter fühlte er sich verbunden, schrieb den Roman "Hölderlin" und amtierte von 1998 bis 2006 als Präsident unserer Gesellschaft.
Damals, in den Nachkriegsjahren, arbeitete Hildegard Ruoff in der Leihbücherei der Arbeiterwohlfahrt - dort lernte sie den Flüchtlingsjungen, kennen, stellte ihn 1948 ihrem Mann, dem Nürtinger Maler und Bildhauer Fritz Ruoff vor. Obschon dieser beinahe 30 Jahre älter war, entstand eine tiefe Freundschaft - auf diese blickt die am 24. September 2023 eröffnete Ausstellung eindrucksvoll zurück, ebenso wie das an diesem Anlass vorgestellte neueste SPUREN-Heft (Autor: Andreas Warausch) des DLA Marbach. Unter den über 100 Gästen der Ausstellungseröffnung waren auch der Ehrenpräsident der Hölderlin-Gesellschaft, Prof. Dr. Gerhard Kurz sowie der langjährige Leiter der ALIM, Marbach, Prof. Dr. Thomas Scheuffelen.
Ausstellungsort ist die Fritz- und Hildegard Ruoff-Stiftung in der Schellingstraße 12 - verwaltet wird sie von der Stadt Nürtingen - geöffnet bis 19. November 2023 jeweils Samstag/Sonntag von 14- 18 Uhr.

Zur Erinnerung an unser Ehrenmitglied Prof. Dr. Michael Franz

Klaus-Peter Waldenberger ist Geschäftsführer
Zum 1. Juni 2023 ist unsere langjährige Geschäftsführerin Eva Ehrenfeld in den Ruhestand getreten. Bis 31. Juli 2023 nahm Vizepräsident Klaus-Peter Waldenberger diese Tätigkeit im Ehrenamt wahr. Nachdem er zum 31. Juli 2023 nach 24 Jahren aus seinem Hauptamt als Bürgermeister der Hölderlinstadt Lauffen am Neckar ausgeschieden ist, konnte er seine neue Aufgabe als künftiger Geschäftsführer der Gesellschaft zum 1. August übernehmen. Wie seine Vorgängerin wird er montags und dienstags von 9 - 17 Uhr im Hölderlinturm, 2. OG, anzutreffen sein.
Präsidium und Vorstand danken Eva Ehrenfeld für ihren Einsatz in unserer literarischen Vereinigung. Sie wird Friedrich Hölderlin verbunden bleiben und leitet weiterhin das Museum Hölderlinhaus in Lauffen am Neckar, dem Tagungsort unserer Jahrestagung 2024.
Nachwuchstagung des Jungen Hölderlinforums ,Verjüngung‘ in Hölderlins Werk und Zeit
9. – 10. Juni 2023, Villa Wertheimber in Bad Homburg vor der Höhe

Die erste Tagung des Jungen Hölderlinforums beleuchtet unter verschiedenen Perspektiven den Ideen- und Motivkomplex der "Verjüngung" in Hölderlins Werk, in zeitgenössischen Kontexten, in ideengeschichtlichen Vorläufern und möglichen Nachwirkungen.
Übergabe der Akten der Hölderlin-Gesellschaft an das Stadtarchiv Tübingen

Am 19. April 2023 wurden die über Jahrzehnte hin gesammelten Akten der Hölderlin-Gesellschaft in einem feierlichen Akt an das Stadtarchiv der Universitätsstadt Tübingen übergeben. Von den Anfängen, also auch den Vorläufer-Organisationen der Gesellschaft ab den 1920er Jahren, den literarisch-philosophischen Auseinandersetzungen und den Diskussionen über die Gesamtausgaben im 20. Jahrhundert reicht die Bandbreite der 203 Ordner, die 17 Regalmeter des Stadtarchivs ausmachen.
Die Erschließung der Akten erfolgte in Heidelberg. Großer Dank gebührt hier den Beteiligten: allen voran Prof. Roland Reuß als Initiator, für die Erschließung Prof. Andrea Albrecht, Sandra Schell und Patrick Baumann. Nur durch die großzügige Finanzierung der VW-Stiftung wurde das Projekt ermöglicht.
Stadtarchivar Udo Rauch präsentierte drei Beispiele aus der umfangreichen Schenkung. Ein Findbuch, das über das Tübinger Stadtarchiv eingesehen werden kann, steht für die Forschung und für Interessierte zur Verfügung.
Eröffnung Hölderlinhaus Nürtingen
Der ehemalige „Schweizerhof“ an der Nürtinger Neckarsteige, das Haus der Familie Gok-Hölderlin, wurde am 20. April - neu gebaut und neu gestaltet- der Öffentlichkeit vorgestellt. Die „Bel Etage“, in der die Familie wohnte, ist mit einer Dauerausstellung zu Friedrich Hölderlin ausgestattet. „Möcht‘ ich ein Komet sein?“ ist die übergeordnete Frage, die in den Bögen, die Hölderlins Leben genommen hat, optisch umgesetzt wird, mit Texten und Zitaten flankiert. Attraktives Element sind kleine Bildschirme, die die Handschrift und die lesbare Umschrift per Fingerbewegung Zeile für Zeile nachlesbar machen.
(Rede zur Eröffnung von Prof. Thomas Schmidt, Marbach)

Italien
Das interdisziplinäre Projekt "Associazone Italiana Studi su Hölderlin" (AISH): "Hölderlin e noi: intrecci e costellazioni, traduzioni e riscritture" wurde am 17. Dezember 2022 in Italien vorgestellt.

Editionsarchiv von D.E. Sattler in Bad Homburg v.d. Höhe
Bibliothek und Editionsarchiv des Hölderlin-Forschers D.E. Sattler sind seit März 2021 in der Villa Wertheimber untergebracht und zu den Öffnungszeiten des Stadtarchivs zugänglich. Die Sammlung wurde der Stadt Bad Homburg v.d. Höhe als Dauerleihgabe - auch für Forschungszwecke - zur Verfügung gestellt.
Die Dauerausstellungen in Lauffen a.N. und Tübingen
Im Geburtsort Lauffen am Neckar wurde das Haus der Familie Hölderlin umfassend saniert und ist seit Juli 2020 mit einer neu konzipierten Ausstellung erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.
Kontakt: hoelderlinhaus@lauffen.de
Die Öffnungszeiten:
Fr 15 bis 18 Uhr
Sa & So 13 bis 18 Uhr
Eintritt inkl. Audioguide 4 €, Schüler und Studierende frei
Weitere Informationen hier.
In Tübingen wurde der Hölderlinturm umgebaut und wurde mit einer neuen, erweiterten Dauerausstellung am 15. Februar 2020 wieder eröffnet.
Kontakt: hoelderlinturm@tuebingen.de
Öffnungszeiten:
Mo 11 bis 17 Uhr
Di und Mi geschlossen
Do bis So 11 bis 17 Uhr